Veröffentlicht im Jahrbuch 2006 des Niedersächsischen Landfrauenverbandes
Das bedeutet nicht nur einen Schock, sondern für die meisten Frauen vor allem eine lange und anstrengende Phase der Behandlung. Operation, Chemotherapie, Bestrahlung und antihormonelle Medikamente sollen dafür sorgen, dass alle Krebszellen aus dem Körper radikal beseitigt werden, damit die Frau dann wirklich auf Dauer gesund ist. Obwohl diese Zeit körperlich sehr anstrengend ist, erleben sie doch viele Frauen auch als Sicherheit: Es wird etwas „gemacht“, die Ärzte kümmern sich intensiv um die Patientin.
Nach Abschluss der Erst-Behandlung ändert sich das: Die vielen Arzttermine hören auf. Die Frau ist in den Alltag entlassen. Für viele ist das eine Erleichterung, andere fallen gerade dann in ein Loch. Was kommt jetzt, wie merke ich, ob ich wirklich gesund bin, wie finde ich zurück in den Alltag?
Eine Hilfe dabei ist die regelmäßige ärztliche Nachsorge, die in den ersten Jahren alle drei Monate, dann halbjährlich vorgesehen ist. Allerdings wissen viele Frauen nicht, was das heißt. Und sind erstaunt oder manchmal auch beunruhigt, wenn sie nicht intensiven technischen Untersuchungen unterzogen werden.
Das Konzept der Nachsorge hat sich in den letzten Jahren entscheidend gewandelt. Das Wichtigste ist die aufmerksame und unterstützende individuelle Begleitung, und nicht wie noch vor zwanzig Jahren das schematische Suchen nach neuen Krebsherden durch Röntgen und Blutuntersuchungen. Der Schwerpunkt liegt in der Unterstützung der Frau, mit dem Leben „nach Krebs“ zurechtzukommen. Außerdem sollen natürlich Tochtergeschwülste rechtzeitig erkannt werden, vor allem wenn sie wieder in der Brust auftreten.
Das bedeutet konkret: Die Frau wird beim Nachsorgetermin zunächst genau befragt, wie es ihr geht und was sie bemerkt hat. Sie wird beraten: Wie viel kann sie sich jetzt zumuten, welcher Sport ist sinnvoll, was kann sie tun um sich körperlich zu stärken. Gerade zu Beginn der Nachsorge ist der Hinweis auf Selbsthilfegruppen wichtig, in denen viele Frauen Unterstützung und wichtige Anregungen bekommen können von anderen Betroffenen.
Beim Nachsorgetermin sollte genug Raum sein für Gespräche. Dabei kann es um Probleme bei der seelischen Verkraftung der Erkrankung gehen, um die familiäre Situation oder die Frage der beruflichen Wiedereingliederung. Manchmal reicht eine Entlastung durch das ärztliche Gespräch, in anderen Fällen müssen zusätzliche psychologische Beratungen oder eine Psychotherapie geraten werden.
Die körperliche Untersuchung beschränkt sich auf wenige Grunduntersuchungen: Der allgemeine Gesundheitszustand und die Belastungsfähigkeit im Alltag werden abgeklärt, die Brust und die Lymphbahnen werden abgetastet ebenso wie Gebärmutter und Eierstöcke, und es wird auf Veränderungen im Bereich der Lungen und der Wirbelsäule geachtet. Denn das sind Organe, in die der Brustkrebs streuen kann. An apparativen Untersuchungen ist nur die Mammographie regelmäßig vorgesehen – alle anderen technischen Untersuchungen ebenso wie Blutuntersuchungen werden nur dann eingesetzt, wenn entsprechende Beschwerden einen Verdacht auf Metastasierung begründen.
Viele Frauen finden das „zu wenig“, sie sind unruhig, ob man einen Rückfall so früh genug findet. Aber es hat sich in großen Studien gezeigt, dass der Behandlungserfolg bei einem Rückfall nicht von der möglichst frühen Diagnose abhängt, im Gegenteil! Manchmal führt ein auffälliger Bluttest nur zu monatelanger Beunruhigung und zu vielen Untersuchungen, die das Leben überschatten, ohne dass das für die Therapie einen Vorteil bringt. Anders ist es, wenn im Operationsgebiet oder auch in der anderen Brust neue Krebsherde auftreten: Dann muss schnell behandelt werden, um ein Streuen der Krebszellen in den Körper zu verhindern.
Wenn sich Krebszellen schon in anderen Organen abgesiedelt haben, muss die Intensität der Behandlung mit der Lebensqualität abgestimmt werden. Frauen müssen wissen: Eine endgültige Heilung von der Krebserkrankung ist nach heutigem Wissensstand dann nicht mehr möglich, aber mit verschiedenen Therapiemethoden kann die Krankheit oft über lange Jahre zurückgedrängt oder zum Stillstand gebracht werden.
Es ist normal, dass eine Frau nach der Erschütterung durch die Krebserkrankung sehr aufmerksam auf kleinste Veränderungen achtet, und dass sie Angst hat, dass der Krebs wieder kommt. Deshalb sollte sie sich einen Arzt/ eine Ärztin suchen, der/die auf ihre Ängste eingeht, sie umfassend informiert, sie medizinisch aufmerksam begleitet und ihr immer wieder Mut macht. So können die Jahre nach einer Krebserkrankung eine ganz besonders intensive Lebenszeit sein.
Dr.med.Claudia Schumann
Frauenärztin/ Psychotherapie